26 02. 2024

Mehr Tiefbau, weniger Hochbau, noch weniger Genehmigungen

Die Baubranche verleitet zu Wortspielereien: Während im Tiefbau der Auftragseingang in die Höhe geht, geht er im Hochbau in die Tiefe. Zurück zum Ernst der Lage. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden ist der reale (preisbereinigte) Auftragseingang im Bauhauptgewerbe im Jahr 2023 um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Mit einem Volumen von 102,3 Milliarden Euro lag er nominal (nicht preisbereinigt) 3,3 Prozent über dem Vorjahresniveau und damit erstmals im dreistelligen Milliardenbereich.

Großaufträge trugen maßgeblich zum Rekordergebnis im Tiefbau bei.

Dass die negative Veränderung im niedrigen einstelligen Bereich lag, war dem Tiefbau zu verdanken. Denn hier stieg der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahr real um 3 Prozent und nominal um 12,2 Prozent auf 53,2 Milliarden Euro. Großaufträge, vor allem im Bahnstreckenausbau und beim Bau der Kabeltrassen Suedlink und Süd-Ost-Link trugen maßgeblich zum Rekordergebnis bei. Davon konnte der Hochbau nur träumen.

Denn bei den Hochbauern gingen die realen Auftragseingänge um 11,4 Prozent zurück und lagen mit 49,1 Milliarden Euro nominal 5,0 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Der größte Verlierer war dabei der Wohnungsbau mit real ‑19,8 Prozent (nominal: ‑13,4 Prozent) und verzeichnete damit das niedrigste nominale Jahresergebnis seit 2018. Laut der Wiesbadener Statistiken sei die unterschiedliche Entwicklung von realen und nominalen Werten auf die zu Beginn des Jahres deutlich gestiegenen Baupreise zurückzuführen.

Der Jahresumsatz im Bauhauptgewerbe sank im Vergleich zum Vorjahr real um 3,3 Prozent. Nominal steigerte er sich um 3,5 Prozent und erreichte einen neuen Höchststand von 113,8 Milliarden Euro. Dabei fiel der Wohnungsbau mit 26,6 Milliarden Euro Jahresumsatz am stärksten ins Gewicht, der gewerbliche Hochbau folgte mit 26 Milliarden Euro.

Erfasst hat das Statistische Bundesamt alle Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr tätigen Personen. Danach waren das rund 9 600 Betriebe mit im Jahresdurchschnitt 536 000 Beschäftigte, 1,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Einen Hoffnungsschimmer schien es im Dezember 2023 gegeben zu haben. Dann nämlich sei der reale Auftragseingang im Bauhauptgewerbe saison- und kalenderbereinigt 7,9 Prozent höher als im Vormonat gewesen.

Eine Antwort darauf, warum der Auftragseingang im Wohnungsbau derart schwächelt und warum das Problem möglicherweise andauern könnte, haben die Wiesbadener Statistiker an einem Tag nachgeliefert, den es nur alle vier Jahre gibt, nämlich am 29. Februar 2024. Danach wurde 2023 in Deutschland der Bau von 260 100 Wohnungen genehmigt. Selbst wenn diese auch wirklich gebaut würden, beträgt die Fehlbilanz zum hehren Regierungsziel von 400 000 Wohnungen pro Jahr immer noch 139 000 Einheiten, also 34,75 Prozent.

»Schwarzmalerei ist fehl am Platz«
Bundesbauministerin Klara Geywitz

Insgesamt wurden laut Bundesamt 26,6 Prozent oder 94 100 Wohnungen weniger als im Jahr 2022. Niedriger war die Zahl der Baugenehmigungen zuletzt im Jahr 2012 (241 100 Wohnungen). Bemerkenswert sei gewesen, dass die Zahl der Baugenehmigungen in allen Monaten des Jahres 2023 niedriger war als im jeweiligen Vorjahresmonat. Mit negativen Veränderungsraten von über 30 Prozent waren die Rückgänge in den Monaten April, Juli und August sowie zuletzt im Dezember 2023 (‑35,1 Prozent gegenüber Dezember 2022 auf 21 200 Wohnungen) besonders deutlich.

Anders als die Branche selbst verbreitet BMWSB-Ministerin Klara Geywitz Zweckoptimismus. In einem zur Veröffentlichung der Zahlen des Statistischen Bundesamtes verbreiteten Statement sagt sie, dass Schwarzmalerei fehl am Platz sei. Und zudem hätte sich bei den Genehmigungszahlen „seit dem Spätsommer zunehmend Bodenbildung“ abgezeichnet. Geywitz ist sich sicher, dass die Förderprogramme und Maßnahmen des BMWSB, der weiterhin hohe Bauüberhang, robustere Auftragseingänge und ein stabileres Finanzumfeld die künftige Bautätigkeit stabilisieren würden. Und außerdem sei der Dezember schließlich traditionell ein genehmigungsschwacher Monat.

Besonders problematisch war offensichtlich die Entwicklung der Genehmigungen von Privatpersonen. Denn nach Feststellung der Wiesbadener Statistiker stellten sie im Jahresverlauf 42,2 Prozent weniger Bauanträge (entsprechend 59 400) als im Jahr zuvor. Auch Unternehmen waren mit einem Minus von 20,3 Prozent ebenso wie die öffentliche Hand (‑12,1 Prozent) weniger bauwillig.

(Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden)


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