8.2.2023 ......Nach gut drei „Dürrejahren“ (inklusive einer Hybrid-Veranstaltung 2021 als Notausgabe) startet die Münchener Messe BAU in diesem Jahr wieder durch, zwar nicht auf ihrem Stamm-Termin im Januar, sondern im eher frühlinghaften April (17. bis 22. April 2023). Dafür soll das Münchener Messegelände nach Auskunft des Veranstalters aber wieder weitgehend ausgebucht sein. Somit freut man sich in München darauf, dem immer gern genutzten Ehrentitel „Weltleitmesse“ anders als 2021 endlich wieder gerecht werden zu können. Für viele Beobachtende in Zeiten, wo der Begriff „Krise“ zum allgemeinen Sprachgebrauch avancierte, keine Selbstverständlichkeit. Wir sprachen mit dem Vorsitzenden des Ausstellerbeirats der BAU und Vorstand der Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG, Dieter Schäfer, über die Erwartungen an diese Messe.
Corona-Pandemie, Ukraine Krieg, Energiekrise: Die vergangenen Jahre haben Wirtschaft und Unternehmen viel abverlangt. Und damit nicht genug: Facharbeitermangel, Materialbeschaffung und Baustoffpreise kommen nach wie „on top“. Und was die Zukunft noch bringt, bleibt offen. Das scheint die Baustoffindustrie nicht abzuschrecken und investiert, von Ausnahmen abgesehen, wieder in eine umfangreiche Messebeteiligung. Wie sinnvoll ist in diesen Zeiten eine solche Investition?
Dieter Schäfer: Richtig ist, dass nicht nur wegen der explodierten Energiepreise und steigenden Zinsen 2023 allen Prognosen zur Folge noch kein Ausweg aus der Wirtschaftskrise zu erwarten ist. Voller Sorge schaut nicht nur die Politik weiterhin nach Russland und auch China gibt Anlass zur Sorge. Mitte Januar 2023 hat dort das „Jahr des Hasen“ begonnen. Der Hase steht symbolisch für Geschwindigkeit, Beweglichkeit und die Fähigkeit, sich an verschiedene Umstände anpassen zu können. Ein gutes Vorzeichen für viele Unternehmen, die sich seine Tugenden in diesen volatilen Zeiten bereits zu eigen gemacht haben. Sie sind das Wagnis schon im vergangenen Jahr eingegangen, trotz andauernder Krisenzeiten zu investieren: in Veränderung, in nachhaltige Strategien und neue Produktentwicklungen. Das werden wichtige Themen auf dem Münchener Messegelände sein.
Nicht nur weltweite Krisen drücken auf die Stimmung bauwilliger Bundesbürger, auch teureres Baugeld lässt bei vielen den Traum von den eigenen vier Wänden platzen.
Richtig ist: Bezahlbarer Wohnraum ist in vielen Regionen nach wie vor Mangelware. Deshalb gilt es, aus der Not eine Tugend zu machen und neue Wohnkonzepte zu entwickeln. Von Micro-Wohnen bis zu kollaborativen Lebensformen: Wenn über alle Generationen hinweg Wohnen durch Ansprüche an Klimaneutralität, Kosteneffizienz, Komfort und Energieersparnis geprägt ist, muss zwangsläufig in bauliche Innovationen und smarte Technologien investiert werden.
Energieeffizienz ist in letzter Zeit in die Diskussion geraten. Nicht jedes hochgelobte Passivhaus ist energieeffizient.
Dennoch bleibt Energieeffizienz natürlich im Fokus. Neben Niedrigenergie- und Passivhaus gibt es so genannte Plusenergiehäuser, die mehr Energie herstellen, als für den Eigenbedarf erforderlich. Hier gibt es aber noch viel Entwicklungsbedarf, zum Beispiel in Energiespeicher, Wärmedämmung und allem was dazu gehört. Die Aufgabe einer Messe wie die BAU ist es letztlich, hier den Stand der Technik öffentlich zu machen.
Klima-Aktivisten dürften sich wohl kaum vor dem Messegelände festkleben, dennoch darf das Thema Klimaschutz nicht außer Acht gelassen werden. Bei den vergangenen Messe-Veranstaltungen dominierte der Drang der Aussteller eher zur optimalen Selbstdarstellung. Müsste sich diesbezüglich etwas ändern?
Das wird es auf jeden Fall! Viele Aussteller haben in neue Strategien für den Klimaschutz investiert. Dem gibt der Messe-Veranstalter erstmals eine adäquate Plattform: den „Innovation Hub“. Hier soll sich alles um Recycling, Urban Mining und innovative Bauprozesse drehen. Dazu gehört auch „Modulares Bauen“, lange Zeit ein Stiefkind speziell im Wohnungsbau, assoziiert mit eintönigen Standardlösungen. Heute gehören modulare Bauteile zu den Trendthemen und Lösungsbringern für nachhaltiges Bauen. Auch hier soll der „Innovation Hub“ ein deutliches Zeichen setzen.
Seitdem böse Zungen nachdringlich behaupten, Deutschland habe die Digitalisierung verschlafen, avancierte der Begriff „digitale Transformation“ in der Bauindustrie zum Modewort, obwohl gefühlt nur wenige so genau wissen, worum es dabei auf der Baustelle eigentlich geht. Verspricht die Messe Aufklärung?
Immer, wenn es um Ressourcen und Recycling geht, darf dieser Bereich nicht fehlen. Im Baubereich spielt er in der Tat eine Hauptrolle. Aus diesem Grund hat die Messe München vor drei Jahren mit der „digitalBAU“ eine eigene Veranstaltung zu diesem Thema initiiert. Das wird in diesem Jahr mit der „digitalBAU conference & networking 2023“ in München fortgesetzt. Und im Februar 2024 soll die 2. Ausgabe der „digitalBAU“ in Köln wieder Einblicke in die neusten Lösungsansätze der Bauindustrie geben.
Das bedeutet im Klartext, dass diejenige, die sich für digitale Transformation interessieren, zwei separate Termine wahrnehmen. Warum integriert man diese Themen nicht in die BAU 2023, wo sowieso alle, die es angeht, präsent sind?
Der Sachverhalt ist ein anderer. Der Bereich BAU-IT ist schon seit längerem in den Messeauftritt BAU München integriert. Wir mussten jedoch feststellen, dass der Bereich IT im Lebenszyklus der Informationen in den letzten Jahren extrem beschleunigte. Daher sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bereich digitalBAU abweichend vom 2-Jahres-Rhythmus der BAU in einer jährlichen Messe stattfinden muss. Dies ist der Grund, warum wir in Köln die digitalBAU als eigene Veranstaltung initiiert haben. Das ändert nichts daran, dass in den Jahren, in denen die BAU stattfindet, die BAU-IT fester Bestandteil der Messe bleibt. Wir sind uns bewusst, dass dieses Thema von den Fachbesuchern als Teil der BAU-Information zunehmend gefordert und aufgerufen wird.
Zum Schluss noch die Bitte, einen Blick in die sprichwörtliche Glaskugel zu werfen. Das IFO-Institut wagte immerhin die Vorhersage, dass es 2024 wieder aufwärts geht. Wie schätzen Sie die Lage ein, auch aus Ihrer Sichtweise als Industrievertreter, respektive als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Steinzeug Cremer & Breuer AG?
Nach meiner Einschätzung ist das Glas der besagten Glaskugel noch ziemlich trüb. Denn auf dem Weg zurück auf die Erfolgsspur fehlen dem Baugewerbe seitens der Politik noch wichtige Lösungsbausteine, die den Mut und Optimismus belohnen, der bis heute von der Industrie gezeigt wurde. 2019 schien es, die Politik hätte die Zeichen der Zeit erkannt. Auf der Agenda standen Planungsbeschleunigung, Baukostensenkung, Deregulierung und Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Heute erhöhen sich diese Ziele um Nachhaltigkeit und Wiederverwendung von Baustoffen, dabei stehen Teile der alten Themen von vor drei Jahren immer noch ungeklärt im Raum. Dennoch sehe ich gute Chancen, dass die Ifo-Prognose wahr werden kann.
Mehr über die BAU 2023: https://bau-muenchen.com/de/
Mehr über die Deutsche Steinzeug: https://deutsche-steinzeug.de/de