Mehr Baugenehmigungen als Fertigstellungen
25.5.2022
Die Bundesregierung hat sich das Ziel von jährlich 400 000 neuen Wohnungen in Deutschland gesetzt. Dieses Ziel scheint in immer weitere Ferne zu rücken. So wurden im Jahr 2021 in Deutschland lediglich 293 393 Wohnungen fertiggestellt. Das waren laut Statistischem Bundesamt 4,2 Prozent oder 12 983 weniger als im Vorjahr. Nachdem im Jahr 2020 erstmals mehr als 300 000 neue Wohnungen entstanden waren, fiel die Zahl im Jahr 2021 wieder auf das Niveau des Jahres 2019 (2020: 306 376 neue Wohnungen; 2019: 293 002). Der 2011 begonnene jährliche Anstieg der Zahl fertiggestellter Wohnungen setzte sich damit 2021 nicht weiter fort. In den Zahlen sind sowohl die Baufertigstellungen für neue Gebäude als auch für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden enthalten.
"Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für die Baufertigstellungen von Wohnungen in Deutschland können mich nicht zufrieden stellen"
Klara Geywitz, Bundesbauministerin
Für die Bundesbauministerin Klara Geywitz in ihrem neu geschaffenen Amt kein besonders glücklicher Start: „Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für die Baufertigstellungen von Wohnungen in Deutschland können mich nicht zufrieden stellen“. Sie versucht zwar, dieser Bilanz einen positiven Aspekt abzugewinnen, indem sie darauf hinweist, dass damit „die Zahl der Wohnungen, die schon genehmigt, aber noch nicht gebaut wurden, auf 846 830 ansteigt“. Ob dieser Bauüberhang, den die Branche seit Jahren vor sich hinschiebt, aber bedeutet, dass in den nächsten Jahren ausreichend Wohnraum in Deutschland gebaut werden kann, halten Brancheninsider für ziemlich unwahrscheinlich.
So dokumentiert das Wiesbadener Amt für 2021 erneut einen Anstieg der Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen um 3,3 Prozent gegenüber 2020, entsprechend 380 736 Einheiten und damit weiter deutlich mehr als Baufertigstellungen. Somit warten aktuell insgesamt 846 467 Wohnungen (+67 035 gegenüber 2020) auf ihre Fertigstellung. Das sei der höchste Stand seit 1996 (922 343).
Geywitz indes ist sich sicher, dass sich die Warteschlange abbaut, „wenn sich die Bedingungen verbessern“. Schließlich würden genehmigte Projekte lediglich „angehalten, aber eben nicht ganz abgebrochen“, so das Statement der Ministerin. Private Bauherren und Unternehmen würden abwarten, wie sich Lieferengpässe, Rohstoffknappheit und deutliche Preissteigerungen weiter auswirken. Wenn dann aber wie zu erwarten die Baukreditzinsen deutlich steigen, könnte allerdings auch mancher Bauplan zu den Akten gelegt werden.
„Bis die Bedingungen wieder besser werden, wollen wir jahrelang diskutierte Verbesserungen endlich vorantreiben“
Klara Geywitz, Bundesbauministerin
Um aber dennoch das ehrgeizige Ziel von 400 000 trotz widriger Marktbedingungen zu erreichen, wolle man die Rahmenbedingungen verbessern, also Genehmigungs- und Planungsprozesse digitalisieren, die 16 Länderverordnungen sinnvoll harmonisieren und die Bedingungen für den seriellen Bau erleichtern. Im Bündnis bezahlbarer Wohnraum würde das jetzt erarbeitet. „Bis die Bedingungen wieder besser werden, wollen wir jahrelang diskutierte Verbesserungen endlich vorantreiben“, so Geywitz.